Roter Teufel (Teil 2) – Mein Leben zwischen Himmel und Hölle

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17. Dezember. Es ist soweit. Die Theorie macht den Anfang. Gerade die Älteren unter uns sind besonders nervös. Haben wir doch seit Jahren keine Prüfung mehr ablegen müssen. Führerschein, Abi,Tauchschein, Segelschein – alles eine Ewigkeit her! Plötzlich ertappt man sich bei dem Gedanken, einen Spickzettel anlegen zu wollen. Katrin hat sich ein paar Formeln mit Kuli auf die Innenflächen ihrer Hände geschrieben und ich wiederhole mit geschlossenen Augen mantramäßig die 10 FIS-Gesetze. Doch alles geht glatt. Es zahlt sich aus, dass wir in den Abendstunden den Stoff brav repetiert haben. Als wir nach rund einer Stunde die Halle verlassen und uns für den praktischen Teil der Prüfung vorbereiten, sind wir guten Mutes.

Drei Prüfungen gilt es nun noch sicher und schulmäßig zu fahren. Neben dem Kurven und Carven Grundstufe, wartet noch der so genannte Trichter, den wir hinunter schwingen müssen. Dabei ist es wichtig, am Ende vor den aufmerksamen Augen der Prüfer in perfekter

Haltung zum Stillstand zu kommen. Einen Moment auf dem falschen Ski gestanden, und alles ist hin. Ich denke an meine Skischutzheiligen Toni Sailer und Luis Trenker und bitte sie um Beistand. Dreimal unbewegte Mienen. Ein gutes Zeichen. Zumindest dann, wenn man sich auf die nonverbale Kommunikation des Tirolers versteht.

Drei Stunden später hat der anfängliche Alptraum ein traumhaftes Ende. Die Jury befindet, dass wir ab sofort zum Skilehren im organisierten Skiraum befähigt sind. Wir sind glücklich und feiern ausgelassen. Allerdings spare ich mir den obligatorischen Gang ins Londoner, da es am nächsten Morgen vom Bahnhof Kitzbühel-Hahnenkamm über Wörgl und München zurück nach Berlin geht. Noch ein paar Tage bis zum Weihnachtsfest, das traditionell mit der Großfamilie in Aachen gefeiert wird und kürzer als sonst ausfallen wird. Denn am 26. Dezember müssen die neuen Teufel bis spätestes 18 Uhr im Büro zur Einkleidung erscheinen. Dann wird sich zeigen, was die Theorie in der Praxis wert ist und wie es sich anfühlt, im knallroten Toni Sailer-Outfit voraus zu fahren. Wer wird mein erster Schüler sein? Anfänger, Intermediate oder ein Könner? Kind, Frau, Mann oder gleich eine Gruppe? Daitscher, Österreicher, Engländer oder Russe? In wenigen Tagen werde ich es wissen.

Die Gans ist gegessen und Kitzbühel hat mich wieder. Mir wird der Skilehrerausweis und ein Handy mit den Kurzwahlen der Kollegen sowie den Nummern der diversen Rettungsdienste ausgehändigt. Hinzu kommt das Erste Hilfe Set für den Fall der Fälle. Alles ist unbedingt mitzuführen. Renate, die unter anderem für die Ausrüstung der Roten Teufel verantwortlich ist, kleidet mich noch am Abend des 2. Weihnachtsfeiertages ein. Ich bekomme wirklich fesche Gwänder nebst Stirnband, Mütze und mit unserem Logo bestickte schwere Lederhandschuhe. Klar, dass diese Ausrüstung nicht in die Taschen des gut geschnittenen Anoraks passt. Also investiere ich noch in einen speziellen Tourenrucksack, der es mir erlaubt, weitere nützliche Gegenstände wie Kamera, Wasserflasche, Sonnenschutzmittel, Ersatzmütze und ein zweites Paar Handschuhe auf der Piste mitzuführen.

Wie alle anderen, die noch keinen Gast haben, erscheine ich morgens um neun Uhr im Büro. Rudi Sailer jun., der Sohn des Skischulleiters, übergibt mir stumm ein winziges Zettelchen auf dem ein schwer zu entziffernder Name und 9.30 Uhr steht. Ich frage, ob der Kunde „Kasper“ heißt und ernte ein kurzes „Wos i net“. Als ich nach dem Treffpunkt frage, ist er mit seinen Gedanken schon wieder woanders, fixiert den Monitor vor sich und telefoniert mit einem seiner drei Telefone. Er ist der Einteiler, also eine Art Broker, der die Anfragen der Gäste sichtet und an die richtigen Kandidaten weiterleitet. Der Mann hat cirka 300 höchst unterschiedliche Typen im Kopf. Er kennt die Namen seiner Spezis und weiß – was noch viel wichtiger ist – wer welche Sprache spricht. Dies ist im doppelten Sinn zu verstehen.

Denn es geht nicht nur darum, einem russischen Gast einen Skilehrer zur Verfügung zu stellen, der nasdrowje versteht. Er muss auch wissen, inwieweit der Lehrer nervlich belastbar ist. Kommt sie mit einem schreienden, sich auf der Piste wälzenden Kind zurecht? Hat er das Durchsetzungsvermögen, um einer kapriziösen Millionärsgattin klar zu machen, dass auch Sie in der Liftschlange anstehen muss und in eine Sechs-Personengondel manchmal tatsächlich auch sieben Menschen drängen? Ein Job also, der viel Fingerspitzengefühl, eine ausgeprägte Menschenkenntnis und vor allem Timing abfordert. Zum Glück ist Rudi einer der besten Golfer der Alpenrepublik, arbeitet im Sommer als Pro (Handicap +4), hat ein überaus sensibles Händchen und blickt durch.

Resi, die gute Seele im Büro und eine Art Mutter der Kompanie, erbarmt sich meiner und erklärt mir, dass ich ins Hotel Erika muss, um den dort logierenden Gast in Empfang zu nehmen. Der Weg ist weit und die Zeit knapp. Also wackele ich im Schweinsgalopp, die neuen Skischuhe an den noch immer schmerzenden Füßen, Richtung Hotel. Ski auf der Schulter mit den Schaufeln in Laufrichtung. Wer sie unter dem Arm trägt und auf Ernst Hinterseer, den stellvertretenden Leiter der Skischule und Bruder des bekannten Tiroler Schmusebarden trifft, hat ganz schlechte Karten. Schwitzend komme ich an die Rezeption und erkundige mich nach einem Gast namens Kasper. „Sie meinen sicher Herrn Karpov“, entgegnet mir die freundliche Concierge und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Eine Viertelstunde später erscheint Mr. Karpov samt Gattin Margaux und einer siebenköpfigen Entourage. Sie ist eine Schönheit, Mitte 20 und spricht einwandfrei Englisch. Herr Karpov schenkt mir ein knappes Kopfnicken und sieht genau so aus wie man sich einen steinreichen Oligarchen vorzustellen hat. Groß, mit stattlichem Bauch und Gesichtszügen, die signalisieren, dass man diesem Mann besser nicht widerspricht. Im komfortablen Minibus und zwei BMW ́s geht es zur Fleckalmbahn. Ich frage mich insgeheim, wie die schweren Jungs wohl mit ihren Brettern zurecht kommen.

Oben angekommen, bedeutet mir ein Leibwächter, dass jetzt erstmal Gluhwein auf der Tagesordnung steht und ich trinke brav mit. Die mir angebotenen Fläschchen Jägermeister lehne ich jedoch höflich, aber bestimmt ab. Schließlich bin ich auch dazu da, Mrs. Karpov vor jeglicher Unbill zu schützen und möchte mir nicht vorzustellen, was passiert, wenn ihr etwas passiert. Ein halbwegs klarer Kopf empfiehlt sich also.

Endlich geht es auf die Piste. Die Männer lachen laut und bedenken sich mit derben Späßen. Zu meiner Überraschung fahren sie durchweg akzeptabel. Technische Mängel werden durch Schnelligkeit kompensiert.

Ein Kollege und Russenspezialist hat uns vorgewarnt und erklärt, dass es keine gute Idee ist, die mit einem unerschütterlichem Selbstbewusstsein ausgestatteten Russen zu kritisieren. Schon gar nicht dann, wenn Frauen in der Nähe sind. Also streue ich ein paar Euphemismen auf Englisch ein, von denen ich nicht weiß, ob sie überhaupt verstanden werden.

Die Jungs haben sichtlich Spaß und donnern wie Kanonenkugeln die zum Glück noch fast leeren Pisten herunter. Ich umkreise Margaux, fahre saubere Bögen vor und melde rechtzeitig jede auch noch so kleine Eisplatte auf der Piste. Gleichzeitig scanne ich den rückwärtigen Raum und halte jeden Snowboarder oder Skifahrer, der in der Nähe von uns fährt oder unsere Spur kreuzen will, im Auge. Bei fortgeschrittenen Snowboardern ist besondere Vorsicht angesagt. Man kann ihre plötzlichen Richtungswechsel schwer voraus ahnen und sollte immer auf den worst case gefasst sein. Schnell bemerke ich, dass mein rotes Gwand ungefähr dieselbe Wirkung hat wie die Schnauze eines Porsches im Rückspiegel eines Golffahrers auf der linken Spur der Autobahn. Die Leute machen schnell und bereitwillig Platz. Hinzu kommt, dass meine Russen jede Menge Schnee aufwirbeln, was ebenfalls hilfreich ist.

Nach eineinhalb Stunden Pistenspaß sind meine Moskowiter Schützlinge schon wieder durstig. Nicht etwa dehydriert. Das von mir zwischendurch angebotene Wasser hat nur Margaux konsumiert. Nein, jetzt muss etwas ran, was Herz und Seele erwärmt. Ich schlage die Sonnbühel vor. Eine Hütte, die von den meisten Skilehrern eher selten angefahren wird. Denn dort sind die Preise im Vergleich zu anderen alpinen Restos exorbitant und es gibt nicht die sonst üblichen Sonderpreise für Ski Instructors. Während der Ausbildung hat uns Beppo dort einmal auf einen Espresso eingeladen und mit maliziöser Miene erwähnt, dass hier die Chickimicki zuhaus san. Egal, jetzt san die Russ hier zuhaus und für diese Klientel ist das Beste gerade gut genug.

Kurze Zeit später sitzen wir an einem reich gedeckten Tisch 2000 Meter über dem Meer. Nach einem ausgedehnten Gelage bin ich froh, dass der Bindungseinstieg auf Anhieb funktioniert. Diverse Tequillas, heiße Witwen und ein sehr guter Weißwein lassen einen quasi von selbst schwingen. Auch die feste Kost war reichlich und von erlesener Qualität. Während ich mittags normalerweise eine Gulaschsuppe oder Tiroler Gröstel zu mir nehme, habe ich jetzt den angenehmen Nachgeschmack von Scampi in Knoblauch auf der Zunge. Angesichts der üppigen Bestellung verzieht der Kellner auch keine Miene als einer der stämmigen Bodyguards darauf besteht, Kaiserschmarrn mit Würstel auf seinen Teller zu bekommen. Eine Kombination, die hier sonst wohl nur bei schwangeren Frauen durchgehen würde.

Die Rechnung liegt im vierstelligen Bereich und mein Gastgeber zahlt mit einer Contenance, die klar macht, dass Geld für ihn kein Thema ist. Und doch ist ihm Eitelkeit wie Großmannsucht fremd. Er spreizt sich nicht wie viele der hier tafelnden Gäste. Mit einer angenehmen Selbstverständlichkeit genießt er den Service, achtet penibel darauf, dass jeder von allem genug bekommt und freut sich über die Freude des Kellners bei der Begleichung der Rechnung, die er um ein üppiges Trinkgeld aufstockt.

Die nächsten zwei Tage nehme ich Abends nur noch Yoghurt zu mir und verzichte auf das eigentlich obligatorische Bierchen unter Kollegen auf der Streifalm. Am Ende des dritten Skitages teilt mir Margaux mit, dass ich um 19 Uhr zum gemeinsamen Diner im Hotel Erika eingeladen bin. Ich erscheine pünktlich und werde freundlich begrüßt. Es gibt Bortsch nebst Zander und Wodka mit sauren Gürkchen. In Windeseile habe ich vier große Wodkas intus und taue auf. Meine Kunden wollen wissen, was ich im Sommer mache, und ich erzähle ihnen, dass ich meinen Lebensunterhalt mit Schreiben verdiene, was sie ganz offensichtlich nicht befriedigt. Ich murmele etwas von Literatur und erwähne Puschkin und Dostojewski. Plötzlich kommt mir eine Idee. Ich schlage vor, Rilkes berühmte Fabel Der Panther sehr frei interpretiert auf russische Art vorzutragen. Die Russen sind einverstanden und ein Dolmetscher wird an unseren Tisch beordert. Ich erhebe mich, trinke noch einen Wodka und setze an:

Mein Blick ist vom Vorüberziehen der Wodkas so müd ́ geworden, das er nichts mehr hält. Mir ist als ob es tausend Wodkas gäbe und hinter tausend Wodkas keine Welt.

Mein schwankend Gang geschmeidig starker Schritte, der meinen Kopf nun immer schneller dreht, ist wie ein Tanz um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.

Doch endlich senkt sich sanft der Schleier der Pupille, es geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille und hört im Herzen auf zu sein.

Meine Gastgeber sind begeistert und wollen mehr. Mehr Wodka, mehr Gedichte. Nach zwei Zugaben entwickelt sich ein anregender Dialog über Musik, Literatur, Skifahren und all das, was Leben lebenswert macht. Es ist schon weit nach Mitternacht als ich mich sternhagelvoll, aber glücklich auf den Rückweg mache. Ich erwache ohne die Spur eines Katers und mache mich wieder auf den Weg ins Hotel. Ein gut gelaunter Alexander Karpov reicht mir die Hand,

nennt mich erstmals Gospodin und erklärt, dass ich heute frei habe, weil sie Curling spielen wollen. Ich schwebe beglückt davon und kann den ersten Tag seit meiner Ankunft frei laufen. Diesen Tag nutze ich, um das Gebiet und vor allem die unterschiedlichen Skirouten zu studieren. Denn in diesem Punkt haben unsere Ausbilder offensichtlich auf unsere autodidaktischen Fähigkeiten vertraut, was allerdings üble Folgen haben kann. Schließlich ist es fast unmöglich, in der Kürze der Zeit alle Pisten im Kopf zu haben. Zudem gibt es kaum etwas Peinlicheres als einen Skilehrer, der mit den Schultern zucken muss, wenn er nach dem Weg oder einer speziellen Abfahrt gefragt wird. Und, glauben Sie mir, wir werden oft gefragt!

So hatte ich von einer mittelschweren Talabfahrt nach Kirchberg gehört, die ich mit meinen Russen zum Abschluss eines langen Skitages testen will. Auf der Panoramakarte des Skigebietes habe ich mir die Nummer der Abfahrt eingeprägt. Zudem ist die Piste als rot klassifiziert und damit für durchschnittliche Skifahrer locker zu bewältigen. Doch der Zufall will, dass wir kurz vor dem Start unerwarteten Zuwachs bekommen. Das Funkgerät eines Begleiters piepst, es heißt stoj und nach wenigen Minuten kommt Karpovs cirka vierjährige Tochter in Begleitung der babuschka hinzu. Die Kleine bringt locker 20 Kilo auf die Waage und bekommt gerade mal den Schneepflug auf die Reihe. An ein Zurück ist jetzt nicht mehr zu denken. Es heißt Markusch, show us the way und los geht ́s.

Nach der Hälfte der Abfahrt ist das Kind am Ende seiner Kräfte. Also nehme ich das Mädchen zwischen die Beine und versuche sie auf diese Weise den Berg hinunter zu bringen. Nach kurzer Zeit brennen meine Oberschenkel wie Feuer und auch mein Rücken schickt in immer kürzeren Abständen üble Rückmeldungen. Hinzu kommt, dass die Piste eine Premiere für mich darstellt und ich an jeder Abzweigung ins Schwitzen komme. Sicherlich wird mein Gast mehr als nur die Stirn runzeln, wenn wir plötzlich wieder an einem Lift ankommen und nicht an der Talstation, wo die Abholer schon warten. Jetzt nur keine Unsicherheit zeigen, denke ich und tue so als würde ich die Strecke blind kennen. Verflucht, immer noch keine T alstation in Sicht. Die Kleine wird immer nervöser und meine überbeanspruchten Beine fangen an zu zittern wie Cavellinhos bei einer Schussfahrt. Es hilft nichts. Ich muss die Taktik ändern. Mit einem gequälten Grinsen übergebe ich Alexander die Skistöcke und klemme mir seine Tochter wie ein Bierfass unter den rechten Arm. So bin ich wesentlich schneller, aber das Risiko einer Verletzung bei einem möglichen Sturz steigt ebenfalls. Nach fünf Minuten nehme ich sie unter den linken Arm, um meine Bandscheiben wenigstens ausgeglichen zu schädigen. Als endlich die ersten Träger der Seilbahn auftauchen, kämpfe ich mit den Tränen. Meine Kunden schwärmen von der Abfahrt und loben meine Ortskenntnis. Ich sehe keinen Grund, sie zu korrigieren.

Der letzte Tag mit meinen ersten Gästen verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Ich erhalte ein fettes Trinkgeld nebst einen Beutel mit gefrorenen Fischen. Wir verabschieden uns aufs Herzlichste und wünschen uns einen guten Rutsch ins Neue Jahr. In wenigen Stunden ist Silvester. Aber ich will nicht rutschen. Ich will springen! Traditionell steigt in Kitzbühel mit Einbruch der Dunkelheit am 1. Januar ein großes Fest im Zielraum der Streif. Mehr als 10.000 Schaulustige kommen zusammen, um ein Feuerwerk der Extraklasse zu erleben und die Galavorführung der Roten Teufel zu bewundern. Alle rund 300 Ski- und Snowboardlehrer müssen per Fackel im Zielhang die neue Jahreszahl illuminieren. Alle? Nein, nicht alle. Denn alljährlich drängt es eine Elite der Roten Teufeln zu einem nächtlichen Fackellauf mit anschließender Feuertaufe. Spätestens als Rudi Sailer Senior bei der ersten Vollversammlung aller Lehrerinnen und Lehrer im Kitzbühler Kolpinghaus das Ritual erwähnt und diejenigen, die es heuer wieder wagen wollen, eindringlich vor der Schanze, die man nit siekkt warnt, wächst in mir der Wunsch, dabei zu sein.

Doch der Wunsch allein reicht nicht, um dieser Truppe anzugehören. Es gilt, einen Testsprung über eine ca. 2,50hohe Schanze zu absolvieren, hinter der sich eine 2 x 2 Meter große Stahlwanne befindet, die wiederum einen Scheiterhaufen beheimatet. Die Probe findet bei Tageslicht und ohne Feuer statt, was der Sache einen zusätzlichen Kick beschert.

Ich feiere Silvester erstmals seit Jahren dezent und verzichte auf jeglichen Abusus. Gut ausgeschlafen, gleite ich am Nachmittag des 1. Jänner 2010 Richtung Zielraum. Als ich dort eintreffe, ist eine Pistenraupe schon dabei, das Katapult aus Schnee aufzuschichten. Ernst Hinterseer ist auch vor Ort und eine kleine Anzahl durchweg gut austrainierter Teufel. Ich packe meine Kamera aus und knipse ein paar Fotos. Dann machen sich die ersten Freiwilligen an den Aufstieg. Ich will mich dazu gesellen als Ernst auf mich zukommt. Er ist ein großer, schlanker, gut aussehender Mann, der auch einen amerikanischen Senator geben könnte. „Du willst doch nicht etwa hupfen“, sagt er mit ernster Miene „bischt doch fascht fuffzg!“. Ich grinse, pariere mit einem wenig überzeugenden „Na und?“ und steige im Pinguinschritt die cirka 60 Meter auffi. Na prima, denke ich mir und verfluche Ernst insgeheim für seine sicherlich gut gemeinte Warnung. Lass es, meldet meine linke Gehirnhälfte. Just do it, sagt die rechte.

Nachdem ich die ersten beiden Springer mit Argusaugen beobachtet habe, setze ich zur Schussfahrt an. Allerdings ohne mich wie die beiden Vorläufer kräftig abzustoßen und die Geschwindigkeit auf den ersten Metern per Schlittschuhschritt auch noch zu forcieren.

Es geht gerade so gut, da ich denkbar knapp hinter der Wanne aufsetze und froh bin, dass es mich nicht einihaut.

 

 

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Andi, ein junger Einheimischer, technischer Leiter der Roten Teufel und ein exzellenter Skifahrer befindet, dass ich noch einmal hupfen muss. Auch ein junger Holländer darf noch einmal aufsteigen. Diesmal steige ich ein paar Meter höher hinauf und gebe richtig Gas. Passt! Ich bin dabei. Als einer von 17 Hupfern werde ich durchs Feuer fliegen! Zusammen mit den anderen geht’s in die Kleiderkammer, um spezielle Anzüge anzulegen. Ich denke sofort an asbestverstärkte Textilien. Die Realität ist ernüchternd. Ich reiche Renate mein blitzsauberes Toni Sailer Outfit und erhalte ein Exemplar, das nur im Dunkeln gut aussieht. Man will wohl Nummer sicher gehen. Außerdem erfahre ich, dass man schon lang kainen Daitschen mehr grillt hat, was sich wenig vorteilhaft auf meine Psyche auswirkt.

DER LETZTE TEIL FOLGT AM 17. FEBRUAR 2015

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